Archiv 1891 - 1900


Am. 1. Januar 1892 fand eine Zählung der deutschen Turnerschaft statt. Die Zahl aller im Bereich von Deutschland und Deutsch-Österreich bestehenden Turnvereine war auf 5081 gestiegen. Davon gehörten 4519 zur deutschen Turnerschaft; sie verteilten sich auf 3841 Vereinsorte. Die Zahl der Vereinsangehörigen über 14 Jahre betrug in Deutschland 447 046 Turner. Unter der Leitung des Vorstandes Max Kleßinger, der nach Jakob Steigenberger (1862 - 1868), Oswald Weinhart (1868 - 1873), Johann Miller (1873), Benedikt Ferchl (1873 - 1876) und abermals Oswald Weinhart (1876 - 1880) im Jahre 1880 die Leitung des Vereins übernommen hatte, zählte dieser 26 ordentliche, 72 außerordentliche, fünf Ehrenmitglieder und zwölf Mitturner im Alter von 16 - 18 Jahren, Ende des vergangenen Jahrhunderts noch alle männlichen Geschlechts, wurden Zöglinge genannt.
Ein turnerisches Jahr war mit vielen verschiedenen Veranstaltungen ausgefüllt, zum Beispiel mit dem Anturnen im Frühjahr, mit regelmäßigem Turnunterricht, mit den beliebten und herrliche inszenierten Waldfesten am Gögerl, am Hechenberg oder am Brunnenhäuschen, dem Abturnen im Herbst, den Winterturnerkränzchen, regelmäßigen Vereinstanzkursen und Faschingsunterhaltungen. Hinzu kamen regelmäßige Ausflüge zu Nachbarvereinen, insbesondere nach München und Empfang auswärtiger Turnvereine (die stets mit Wetturnen verbunden waren), die obligate Teilnahme an Gau-, Bezirks- und Landesturnfesten und - als Höhepunkt - an den deutschen Turnfesten, etwa am deutschen Turnfest im Juli 1889 in München, an dem 24 Turner aus Weilheim und insgesamt rund 100 Turner aus dem Turngau Weilheim teilnahmen.
Auch auf den Brettern, die die Welt bedeuten, fühlten sich die Mitglieder unseres Vereins damals sehr wohl. Gelungene Theateraufführungen waren die Posse "Der Gmoadepp", im Jahre 1894 das "Stiftungsfest" (das gute Einnahmen für die Anschaffung von Turngeräten erbrachte), sowie im Jahre 1895 der "Paternosterkramer von Ettal", von der Öffentlichkeit als eines der hübschesten Stücke bezeichnet, die bisher in Weilheim aufgeführt wurden. ...
Beim 50. Stiftungsfest im September 1897 ließ sich die Weilheimer Bevölkerung durch die schlechte Witterung nicht davon abhalten, für den Festzug die Straßen der Stadt zu beflaggen und mit hübschen Dekorationen zu schmücken. Nach den sportlichen Veranstaltungen wurde am Abend ein gelungener Festcommers, diesmal im prächtig geschmückten Bräuwastlkeller, abgehalten, den allerdings der im Vorjahr verstorbene Jakob Steigenberger nicht mehr miterlebte. Wieder einmal sorgte der Weilheimer Liederkranz-Orchesterverein für die festliche Umrahmung und sein Dirigent, Herr Kormann, hatte sogar einen Festmarsch komponiert.
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Vom Vertreter des Turnvereins München bekam unser Verein ein prachtvolles Fahnenband, vom Vertreter des Männerturnvereins München einen prächtigen Humpen und vom Turnverein Mittenwald einen von dessen Mitgliedern gepflückten großen, Edelweißkranz als Geburtstagsgeschenk überreicht. Anläßlich dieses Jubiläums, das mit dem XX.Gauturnfest verbunden war, wurden folgende verdiente Mitglieder zu Ehrenmitgliedern ernannt: Ulrich Frank, kgl. Reallehrer; Max Kormann, Chorregent; Jakob Weinhart, Wagenfabrikant; Jakob Henrich, Privatier; J. Metz, Bezirksfeldwebel und Alois Krettner, Hauptkassafunktionär in München. 1. Vorstand war damals wiederum der hochverdiente Max Kleßinger, der nach Jakob Weinhart (1884 - 1887) und Josef Weinhart (1887 - 1888) noch einmal über 10 erfolgreiche Jahre (1888 - 1899) die Vereinsgeschäfte übernommen hatte. Zwar fielen die ins Nachmittagsprogramm des Jubiläums aufgenommenen Volksbelustigungen auf dem Turnplatz der schlechten Witterung zum Opfer; dafür wurde der anschließende Festabend im überfüllten Bräuwastl-Keller mit Konzert und Vorführungen ein umso größerer Erfolg. Unter anderem boten 16 als griechische Jünglinge verkleidete Turner in sechs Bildern charakteristische Stellungen aus der altgriechischen Olympiade dar, unter anderem Diskuswerfen und Faustkampf. Ein weiterer Tag des 50jährigen Jubiläums war einem Preisschießen der Feuerschützen-Gesellschaft zu Ehren unseres Vereines gewidmet. Zur Erinnerung an ein halbes Jahrhundert Turnverein in Weilheim ließ sich die gesamte aktive Turnerschaft nebst Funktionären in einem Foto festhalten, das als Hintergrund die Turnhalle an der Ammer zeigt.
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