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TSV 1847 Weilheim e.V. – 150 Jahre – Teil 5

TSV 1847 Weilheim - 150 Jahre - Teil 5


Turn- und Sportverein 1847 Weilheim

2.Abschnitt :

Von der Gründung bis ins 20. Jahrhundert


Die Chronik eines Vereins wie die des Weilheimer Turnvereins beruht auf mannigfachen historischen Quellen und Belegen. Außer dem Archiv des Vereins, überwiegend seinen seit 1876 vorhandenen Protokollen, dienten uns verschiedene andere Chroniken, so z.B. die der Stadt Weilheim von Carl August Böhaimb, die Gründungsniederschrift der Freiwilligen Feuerwehr, verschiedene Jubiläumsschriften und - vor allem für die Gründerzeit - die Unterlagen des Bayerischen Hauptstaatsarchivs in München als Grundlage.
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Als besonders fündig erwies sich das vorbildlich geführte Stadtarchiv im Weilheimer Rathaus mit den zahlreichen Folianten gebundener Zeitungen und den wichtigsten Magistratsakten aus den Jahren 1848 - 1934, insbesondere das "Wochenblatt des Königlich Bayerischen Bezirksamtes Weilheim" (gegründet etwa 1831 / 32), in den späteren 60er Jahren zum "Weilheimer-Werdenfelser Wochenblatt" erweitert. Ab 1872 erschien das Weilheimer Tagblatt.
Nach alle diesen Unterlagen sowie aufgrund langer Überlieferung beginnt die Geschichte des Turnvereins Weilheim im Jahre 1847. Natürlich gibt es, unbürokratisch wie die Gründer waren, von diesem Anlaß keine Gründungsurkunde. Es taten sich einige junge Männer zusammen, die nach der Befreiung Europas von Napoleon die Zeit der Restauration und der freiheitlichen Gegenbewegung mit ihren liberalen und nationalen Strömungen (Wartburgfest 1817 und Hambacher Fest 1832) miterlebt hatten. der "Turnvater" Jahn und seine Schar pflegten nicht nur ihre turnerischen Übungen, sondern verfolgten auch politische Ziele. Sie wollten zur inneren Erneuerung Deutschlands beitragen.
In diesem Sinne sammelte der Weilheimer Goldschmied Jakob Steigenberger seine Anhänger und gründete den "Turn-Verein Weilheim".
Es war, wie durch Festreden u. a. bereits seit den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts dokumentiert und überliefert ist, an einem schwülen Somemrabend desJahres 1847 in einem Nebenraum des damaligen Gasthofes "Blaue Traube" am Hauptplatz (heutiges Cafe Krönner), "als unter Vorsitz von Meister Steigenberger der Junge zur Welt kam und lebenskräftig und lebensbejahend in die Reihe der Weilheimer Vereine eingetreten ist. Schon zwei Jahre nach der Gründung konnte der Verein eine schlichte Fahne beschaffen, deren kirchliche Weihe unter großer Teilnahme der gesamten hiesigen Bevölkerung 1849 stattfand" (siehe auch Titelseite).
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Bald nach der Gründung beschaffte Jakob Steigenberger auf eigene Kosten einen Barren und andere turnerische Gerätschaften und konnte zu seiner Freude feststellen, daß sich eine große Anzahl von Knaben und jungen Männern für seine turnerischen Übungen interessierten. Dies teile er in seinem Schreiben vom 4. August 1848 dem verehrlichen Magistrat der Stadt Weilheim mit, wobei er um die Zuweisung des städtischen Exerzierplatzes als Übungsplatz für Turner bat.
Im Antwortschreiben vom 25. August 1848, unterzeichnet von Bürgermeister Boxberger, zeigte sich der Weilheimer Magistrat zwar von der Turnerei in Weilheim angetan, zumal ein Gutachten des Arztes Dr. Schmidt vom 4. August 1848 die gesundheitlichen Vorzüge des Turnens bestätigte. Dessen Gutachten lautet auszugsweise: "Das Turnen trägt in hohem Maße zur Entfaltung der körperlichen Kräfte, zur Ertragsfähigkeit von Strapazen bei, dient zugleich zur Erlernung eines zweckmäßigen Gebrauchs der vorhandenen Kräfte und befördert so Muth, Selbstvertrauen und Besonnenheit in Gefahren. So dürfte ein derartiges Unternehmen namentlich in unseren Tagen Beachtung verdienen, in welchen auf möglichst vollständige Wehrbarmachung der gesamten männlichen Bevölkerung gedrungen wird, und das Turnen eine sehr gute Vorschule für den richtigen und erfolgreichen Gebrauch der Waffen bildet."
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Allerdings verlangte die Stadt Weilheim vom Turnverein, daß dessen im Entwurf übergebene Satzung "genau beachtet und keine Veranlassung zu polizeilicher Einschreitung gegeben werde." Darüberhinaus sagte der Magistrat dem Verein Bereitstellung von Holz aus Communalwaldung zur Anfertigung der benötigten Turngeräte zu. Um sich diese Unterstützung der Stadt zu sichern, mußte der Verein, der bereits seit zwei Jahren turnerisch tätig war, in der Öffentlichkeit warb, Pressebekanntmachungen herausgab und Turngeräte angeschafft hatte, allerdings gewisse Formalitäten erfüllen. Diesbezüglich schrieb am 25. April 1849 der gehorsamste Ausschuß des Turnvereins an den Hochlöblichen Magistrat der Stadt Weilheim folgendes:
"Nachdem ein Hochlöblicher Magistrat auf die Vorstellung des Jakob Steigenberger sich dahin ausgesprochen hat, daß im Allgemeinen dem Entstehen und Errichtung einer Turnanstalt dahier, vorbehaltlich nach Umständen weiterer Verfügung nichts im Wege stehe, so beehren sich die gehorsamst Unterzeichneten denselben hiermit in Kenntnis zu setzen, daß bei der am 22. d. Mts. (April) stattgefundenen Versammlung sich die Turngesellschaft definitiv constituiert, die bereits vorgelegten Statuten angenommen und zur Aufsicht und Leitung des Ganzen einen Ausschuß resp. Vorstand in den Personen der gehorsamst Unterzeichneten gewählt habe ...."
Mit aller Hochachtung zeichnet dem Wohllöblichen Stadt-Magistrat gehorsamster Ausschuß des Turnvereins:
August Huber, Sprecher
F. Wermuth, Schriftwart
Josef Kölbl, Cassier Jakob Steigenberger, Verwalter
Diese behördlich veranlaßte "Definition" des Turnvereins führte zwar dazu, daß der Weilheimer Chronist Carl Böhaimb den 22.April 1849 als Gründungsjahr des Turnvereins angab; gleichwohl bestand damals wie in allen folgenden Generationen keinerlei Zweifel daran, daß die Weilheimer Turner ihren organisierten Sportbetrieb bereits zwei Jahre vorher aufgenommen und sich dabei auch als Verein bezeichnet hatte. Dem "Chef" und Oberturnwart Jakob Steigenberger, der in den späteren Jahren (1862 - 1868) selbst einmal den Vorsitz des Vereins übernahm, standen in den Anfangsjahren der Rechtspraktikant August Huber (bis 1850) und der Postexpiditor Friedrich Kümmerle (ab 1850) als Vereinsvorsitzende zur Seite.

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