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9. März 2017
TSV 1847 Weilheim e.V. – 150 Jahre – Teil 7
15. März 2017
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TSV 1847 Weilheim e.V. – 150 Jahre – Teil 6

TSV 1847 Weilheim - 150 Jahre - Teil 6


Turn- und Sportverein 1847 Weilheim

2.Abschnitt :

Von der Gründung bis ins 20. Jahrhundert


Trotz des verfassungsrechtlich garantierten Versammlungs- und Vereinigungsrechtes (Art.1 und Art 11 des Bayerischen Gesetzes vom 26. Februar 1850, die Versammlungen und Vereine betreffend, entsprachen wortwörtlich den bereits zitierten §§ 161 und 162 der Verfassung des Deutschen Reiches) gerieten bald nach der Gründung des Turnvereins Weilheim in Deutschland und Bayern Turn- und andere Vereine als angeblich vaterländisch und nationalistisch immer mehr in den Mißkredit der Obrigkeit. Dieser Verfolgung fiel auch unser Verein bald zum Opfer. Das Wochenblatt des Königlich Bayerischen Landgerichts Weilheim (Sechzehnter Jahrgang vom 20.Juli 1850) teilte mit, daß der Weilheimer Turnverein aufgrund des Art. 19 Abs. 4 des Gesetzes vom 26. Februar geschlossen und den Mitgliedern jede fernere Versammlung sowie das Tragen von Turn- oder sonstigen Erkennungszeichen streng untersagt sei.
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Die Gründe des Beschlusses des Königlichen Landgerichts Weilheim vom 10.Juli 1850 lauten folgendermaßen: "Aus Mitteilungen der 6. Polizeidirektion München über den Turnverein zu München geht hervor, daß derselbe politische Zwecke verfolge und insbesondere die Befreiung und Einigung des deutschen Volkes als Ziel seiner Bestrebungen sich vorgestreckt habe. Aus den zu München vorgefundenen Papieren des Turnvereins in Weilheim und aus den hiesigen Vereinspapieren sowie Correspondenzen insbesondere vom Juli, August, September und November v. Jahres geht ebenso klar hervor, daß der Turnverein in Weilheim seine Vereinigung mit dem Münchner Turnverein deutlich ausgesprochen hat. Nachdem nun der Münchner Turnverein laut Beschluß der Kgl. Polizeidirektion München vom 6. des Mts. geschlossen worden und durch Correspondenzen der beiden obigen Vereine die Affiliation des Weilheimer Turnvereins mit jenem zu München bewiesen ist, so muß auf dem Grund dieser tatsächlichen Verhältnisse die Schließung des Weilheimer Turnvereins verfügt werden."
Aus Gründen der historischen Vollständigkeit seien hier die einschlägigen Bestimmungen des Gesetzes vom 26. Februar 1850, die Versammlungen und Vereine betreffend, zitiert:
"Art. 19 Ziff. 4:
Jede Polizeidienststelle oder Behörde ist befugt, Vereine zu schließen, wenn dieselben
1. den Bestimmungen des Artikels 14 dieses Gesetzes nicht genügen,
2. dem Artikel 16 zuwider nicht angezeigte, sohin genehmigte Versammlungen abhalten,
3. oder die Abgeordneten der Polizeibehörde dem Artikel 7 zuwider von Verhandlungen ausschließen oder
4. dem Artikel 17 oder dem Artikel 18 entgegenhandeln, oder
5. die religiösen, sittlichen, gesellschaftlichen Grundlagen des Staates zu untergraben drohen und endlich
6. wenn ihre Zwecke oder Beschlüsse den Strafgesetzen zuwiderlaufen.
Artikel 17: Politischen Vereinen ist nicht gestattet, mit anderen in der Art der Verbindung zu treten, daß entweder die einen den Beschlüssen und Organen des anderen unterworfen oder mehrere solche Vereine unter einem gemeinsamen Organ zu einem gegliederten Ganzen vereinigt werden."
Der Weilheimer Turnverein, dem im Jahre 1849 außer dem Vorstand, dem Turnwart, dem Säckelwart, dem Schriftwart und einem Sprecher 22 "wirkliche" und 22 Ehrenmitglieder angehörten, war in der Folgezeit gezwungen, nicht nur seine Übungsstunden, sondern auch seine Versammlungen geheim in den weitläufigen Kellerräumen des Gasthofes "Gattinger-Keller" abzuhalten, die auch in späteren Jahren noch lange als Winterturnlokal dienten. Um nicht ganz aus der Öffentlichkeit zu verschwinden und sich als junge Bürger für die Stadt dienstbar zu machen, gründeten die Weilheimer Turner 1852 unter dem Namen "Rettungsgesellschaft" eine Feuerwehr und waren als solche auch bei verschiedenen Gelegenheiten im Einsatz. Vorgreifend mag bereits an dieser Stelle erwähnt sein, daß es nach jahrelanger Konkurrenz mit der Pflichtfeuerwehr (aller männlichen Bürger) den Turnern letztlich im Jahre 1876 unter ihrem Vorsitzenden Oswald Weinhart gelang, die Freiwillige Feuerwehr Weilheim ins Leben zu rufen. Als deren Geburtsstunde gilt der 13.Mai 1876, als auf einer Hauptversammlung des Turnvereins sämtliche anwesenden 50 Turner auf Wunsch des Weilheimer Magistrats ihren Beitritt zu einer Freiwilligen Feuerwehr beschlossen. Einen Monat danach wurde Oswald Weinhart zum 1. Kommandanten der Freiwilligen Feuerwehr Weilheim gewählt.
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Hundert Jahre danach würdigte die Weilheimer Presse diese Vorgänge in angemessener Weise, und in der Festschrift zum 100jährigen Gründungsjubiläum der Weilheimer Feuerwehr im Jahre 1976 heißt es: "... bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts herrschte in Bayern bei Brandfällen allgemeine Löschpflicht. Doch ungeübte Menschenkräfte waren den Anforderungen nicht gewachsen. Schon im Jahre 1852 hatte sich in Weilheim aus den Reihen des Turnvereins nach dessen Verbot eine Rettungsgesellschaft gegründet. In den 60er Jahren erging wiederholt von Seiten des Turnvereins (Jakob Steigenberger) die Anregung zur Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr, doch immer wieder scheiterte dies am Widerstand der bestehenden Pflichtfeuerwehr. Die Turnerwehr beteiligte sich am 5. Januar 1864 beim Löschen eines Brandes im Halderhaus in der Pöltnerstraße."
Zurück in die Zeit um 1860, dem Gründungsjahr unseres ältesten und bekanntesten Patenkind-Vereins, des TSV 1860 München. Etwa ab Ende der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts lockerten sich die Vorbehalte gegenüber Turnvereinen und diese traten wieder mehr und mehr aktiv an die Öffentlichkeit; eine Reihe neuer Sportvereine wurde auch in Oberbayern gegründet, wie z.B. unsere Patenkind-Vereine Oberammergau (1861), Garmisch (1868) und MTV München (1879). Unser Verein erreichte im Jahr 1862 seine offizielle Wiederzulassung durch die Stadt Weilheim unter Bürgermeister Baur und beim Kgl. Landgericht Weilheim, nachdem der Vereinsgründer Jakob Steigenberger beim Magistrat vorstellig geworden war und der Vereinsausschuß am 18.Juni 1862 ein entsprechendes Gesuch eingerichtet hatte.In diesem wurde natürlich wieder auf den Nutzen der turnerischen Übungen und den besonderen Einsatz der Turner bei Brandunglücken und dergleichen hingewiesen. Dem gleichzeitigen Wunsch des Vereins, ihm den Max-Josef-Platz als Turngelände zuzuweisen, entsprach die Stadt jedoch nicht, da dieser Platz zur Zeit verpachtet sei und der hiesigen Schützengesellschaft für die Abhaltung großer Schießen nicht vorenthalten werden könne. In diesem Zusammenhang soll allerdings nicht unerwähnt bleiben, daß viele der Weilheimer Turner auch selbst eifrige Schützen waren, die zu bedeutsamen Anläßen Schützenfeste feierten und Scheiben ausschossen. Als ein Beispiel von vielen sei die vom damaligen Vorsitzenden Max Kleßinger 1897 zum 50. Jubiläum unseres Vereins gestiftete große Festscheibe genannt, die einen Schützen und einen Turnbruder in freundschaftlicher Begrüßung zeigt. Auch noch nach dem 1. Weltkrieg war unser Verein dem Weilheimer Schützenverein eng verbunden und viele seiner Mitglieder beteiligten sich im Jahre 1919 unter ihrer Turnerfahne fleißig bei der Anlage von Schanzen für die Schießanlagen.

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