Archiv 1851 - 1860


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Da nicht überall in Bayern ein so starkes Traditionsbewußtsein Forderungen nach Reform der Monarchie verhinderte, ging die bayerische Regierung nach Revolutionsende entschlossen gegen die liberale und nationale Bewegung zu Werke. Für die Turnvereine wurde dabei das 'Gesetz vom 26.Februar 1850, die Versammlungen und Vereine betreffend' entscheidend, da es das Recht auf Vereinsbildung strikt einschränkte.
Besonders solchen, die sich mit "öffentlichen Angelegenheiten" beschäftigen - uns das konnte sehr viel bedeuten - drohte bei Verstößen sie sofortige Auflösung. Und so geschah es auch : Nach einer Phase der Beobachtung wurden aufgrund des Vereinsgesetzes die Turnvereine zu den politischen Vereinen gerechnet und vielfach im Sommer 1850 aufgelöst. Man verdächtigte sie der demokratischen Bestrebungen und der geheimen Verbindung, was für die pfälzischen und teilweise fränkischen Vereine ja in der Revolution zum Teil seine Berechtigung gehabt hatte. Doch auch die nicht politisch aktiven Vereine in München und Weilheim mußten ihren Betrieb schließen. Endgültig verfügte der bayerische Innenminister Graf Reigersberg am 25.November 1853 ein Verbot der verbliebenen Turnvereine in Bayern; nur der Turnverein Augsburg konnte aufgrund der Protektion des Bürgermeisters und der schwäbischen Kreisregierung weiterexistieren.
Die Wende vom reaktionären System zu einer liberalen 'Neuen Ära' trat in Bayern wie im gesamten Deutschen Bund um das Jahr 1859 ein. Nach einem Wahlerfolg der Liberalen bei den Landtagswahlen Ende 1858 wollte der bayerische König Max II. endlich "Frieden haben mit seinem Volk". Zugleich hatte der Krieg Österreichs gegen Italien, das bei seiner nationalen Einigung von Frankreich gestützt worden war, zu einem Aufwallen der nationalen Gefühle in ganz Deutschland geführt. Nachdem die bayerische Regierung das Vereinsrecht liberaler handhabte, lebten neben den Vereinen der Schützen und Sänger auch die der Turner wieder auf. seit 1859 wuchs ihre Zahl in Bayern sprunghaft von sieben auf 194 im Jahre 1863 an. Schwerpunkte bildeten dabei wieder die neubayerischen Gebiete, doch auch in Oberbayern kam es nun zu einer größeren Tahl von Gründungen, bei denen wie Weilheim seit 1862 oft dieselben Männer wie 1848 / 49 an der Spitze standen.
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Um nicht ganz aus der Öffentlichkeit zu verschwinden und sich als junge Bürger für die Stadt dienstbar zu machen, gründeten die Weilheimer Turner 1852 unter dem Namen "Rettungsgesellschaft" eine Feuerwehr und waren als solche auch bei verschiedenen Gelegenheiten im Einsatz. Vorgreifend mag bereits an dieser Stelle erwähnt sein, daß es nach jahrelanger Konkurrenz mit der Pflichtfeuerwehr (aller männlichen Bürger) den Turnern letztlich im Jahre 1876 unter ihrem Vorsitzenden Oswald Weinhart gelang, die Freiwillige Feuerwehr Weilheim ins Leben zu rufen. Als deren Geburtsstunde gilt der 13.Mai 1876, als auf einer Hauptversammlung des Turnvereins sämtliche anwesenden 50 Turner auf Wunsch des Weilheimer Magistrats ihren Beitritt zu einer Freiwilligen Feuerwehr beschlossen. Einen Monat danach wurde Oswald Weinhart zum 1. Kommandanten der Freiwilligen Feuerwehr Weilheim gewählt.
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Hundert Jahre danach würdigte die Weilheimer Presse diese Vorgänge in angemessener Weise, und in der Festschrift zum 100jährigen Gründungsjubiläum der Weilheimer Feuerwehr im Jahre 1976 heißt es: "... bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts herrschte in Bayern bei Brandfällen allgemeine Löschpflicht. Doch ungeübte Menschenkräfte waren den Anforderungen nicht gewachsen. Schon im Jahre 1852 hatte sich in Weilheim aus den Reihen des Turnvereins nach dessen Verbot eine Rettungsgesellschaft gegründet. In den 60er Jahren erging wiederholt von Seiten des Turnvereins (Jakob Steigenberger) die Anregung zur Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr, doch immer wieder scheiterte dies am Widerstand der bestehenden Pflichtfeuerwehr. Die Turnerwehr beteiligte sich am 5. Januar 1864 beim Löschen eines Brandes im Halderhaus in der Pöltnerstraße."
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Zurück in die Zeit um 1860, dem Gründungsjahr unseres ältesten und bekanntesten Patenkind-Vereins, des TSV 1860 München. Etwa ab Ende der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts lockerten sich die Vorbehalte gegenüber Turnvereinen und diese traten wieder mehr und mehr aktiv an die Öffentlichkeit; eine Reihe neuer Sportvereine wurde auch in Oberbayern gegründet, wie z.B. unsere Patenkind-Vereine Oberammergau (1861), Garmisch (1868) und MTV München (1879).
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